Montag, 23. März 2020

Nachtrag

Seit dem 20. März bin ich wieder in der Schweiz und mitten in der Zeit des Corona-Virus. Vorbei die Zeiten auf meiner Skitour, wo ich nichts von dem Wahnsinn mitbekommen habe. Nach Ende der Skitour in Are bin ich nach Bruksvallarna gefahren, wo ich nochmals eine Langlaufwoche angehängt hatte. Im Hotel gab es eine grosse Reisegruppe aus der Schweiz, die frühzeitig ihre Reise abbrechen musste, weil sie sonst nicht mehr mit dem Flieger in die Schweiz einreisen konnten, zumindest nicht von Trondheim (Norwegen) aus. Tatsache ist, dass Stand heute 26. März immer noch Flieger zwischen der Schweiz und Stockholm verkehren. Schweden hat ein sehr entspanntes und wer weiss vielleicht naives Verhältnis zu Corona. Die Universitäten in den Städten wurden zwar auch geschlossen und auch die Schulen der Oberstufen, aber nicht Kindergärten und Primarklassen. Die Skiorte, Hotels und Restaurants waren alle geöffnet. Auf dem Land habe ich vom Virus kaum etwas mitbekommen. Die Nachrichten waren auf schwedisch und die Nachrichten im Internet habe ich bewusst nicht verfolgt. In der überbevölkerten Schweiz dürfte sich ein Virus wohl viel schneller ausbreiten, als in einem unbewohnten Land wie Schweden. Deshalb war ich da, um in Skandinavien Backcountry-Skiing zu machen. Da gibt es schneebedeckte Flächen von unvorstellbarem Ausmass: tausende Kilometer lang und kaum bewohnt.

In Bruksvallarna habe ich mich beim Langlaufen verausgabt und war dann nicht mehr fit und wollte dann auch gerne nach Hause fliegen. Norwegen hatte wegen dem Coronavirus inzwischen die Grenzen zugemacht. Ich musste aber unbedingt von Oslo nach Hause fliegen, da ich einen Teil meiner Ausrüstung da zwischengelagert hatte. Sonst wäre ich von Stockholm aus heim geflogen, was mir viel lieber gewesen wäre (Stockholm ist im Gegensatz zu Oslo eine sehr schöne Stadt), aber dann hätte ich eine Lösung für meine Sachen in Oslo finden müssen. Auf meine Langlaufskier hätte ich noch bis nächsten Winter verzichten können, aber nicht auf mein neues Notebook, das ich auch in Oslo hatte. Unmöglich. Ich bin dann mit dem Bus zurück zum Startpunkt in Flötningen gefahren, wo ich vor drei Wochen meine Tour begonnen hatte und wo noch eine Person da war, die ich damals kennen gelernt hatte, als ich da zwei Nächte übernachtet hatte. Stine holte mich in Idre ab und fuhr mich zur Grenze. Ich wollte mit den Skiern illegal über die Grenze laufen: das waren nur ein paar Kilometer zu laufen. Die Grenze war am Abend aber nicht mehr besetzt und wir fuhren fast bis zur Bushaltestelle auf norwegischer Seite. Glück gehabt. Der Bus am Abend Richtung Oslo fiel leider aus, so dass ich nochmals eine Nacht im Zelt übernachten musste. Am nächsten Morgen ging es dann aber ohne Probleme mit Bus und Zug bis nach Oslo, wo mir Kalle meine Sachen brachte. Sicher hatte er ziemlich Angst, mir zu begegnen, einem illegal eingereisten aus Schweden. Der Kontakt war kurz und distanziert.

Ich habe mich noch gefragt, ob ich auf dem Flughafen in Zürich auf meine Gesundheit gecheckt werde und für zwei Wochen in Quarantäne muss, aber niemand interessierte sich für mich.

Seit ich vor sechs Wochen von der Schweiz abgereist bin, habe ich sechs Kilo abgenommen. Das meiste Gewicht habe ich sicher auf meiner Skitour verloren. Jetzt bin ich zu Hause am regenerieren und am vernünftig Essen. Ich kann aber sagen, dass sich sechs Kilo weniger Gewicht gut anfühlen, aber nicht unbedingt gut aussehen.

Ich bin gespannt, wann ich wieder zu einer Tour aufbrechen werde. Es war ein grosses Abenteuer.






13. Tag (11.3.2020)

Ich war zwar schon früh wach, aber lief erst gegen elf Uhr los. Davor habe ich es mir nochmals in der Lounge des Hotels gemütlich gemacht. Die stilvollen Einrichtungen der Hotels und Unterkünfte haben mich oft beeindruckt. Ich kann mich an keinen Ort erinnern, der ungemütlich war. Oft waren die Räume für meinen Geschmack zu dunkel, das Licht zu stark runtergediemmt. Von den Schweden bin ich begeistert. Sie sind hilfsbereit und interessiert an einem Fremden wie mich. So habe ich die Landmenschen in Erinnerung. Es würde mich reizen, die schwedische Sprache zu lernen. Allzu schwierig dürfte sie nicht sein.

Are lag zweihundert Meter tiefer. Mein Ski lief aber nicht, dass ich vom Gefälle profitieren hätte können. Der Schnee war feucht und auf meinem Skibelag war mehr Dreck als Wachs. Die letzten zehn Kilometer lief ich auf einem See. In Are angekommen habe ich mein letztes Tourfoto gemacht: ein Ganzformatfoto mit Gepäck und Skier. Dann habe ich die Touraufzeichnung auf dem Navi gestoppt und bin zum Bed & Breakfast gelaufen, wo ich am Vorabend ein Zimmer reserviert habe.

Am Abend habe ich mir einen Hamburger und zwei grosse Bier gegönnt. Dieses Wochenende hätte der FIS-Weltcup in Are stattgefunden. Wegen dem Corona-Virus wurde er aber heute abgesagt. Die Kneipen waren aber voller Gäste. Das Virus in weiter ferne.

Strecke und Eindrücke 13. Tag






12. Tag (10.3.2020)

Als Frühstück gabe es Pasta mit dem restlichen Gorgonzola-Käse. An diesem Tag bin ich so weit gelaufen wie an keinem anderen Tag zuvor. Das lag daran, dass ich auf gut präparierten Pisten unterwegs war, die Piste hart war und mehrheitlich Gefälle aufwies, so dass ich ohne Felle und mit Doppelstock sehr schnell vorankam. Auf dem See bei Ottsjön starteten Motor- und Segelflugzeuge. Ich nahm eine Abkürzung um den Berg herum. Die letzten zehn Kilometer lief ich auf der Langlaufpiste. Es ging vor allem abwärts und ich kam sehr schnell voran. Auf der Loipe traf ich noch ein Pärchen, die mich berieten und mich mit dem Auto zu einem Restaurant gefahren haben und wo ich mich vor den Kamin setzte. Das Zelt habe ich ganz in der Nähe im Wald an einem windstillen Ort aufgestellt. Das Zelt lies ich diese Nacht offen, das es nicht sonderlich kalt war. Die Temperatur war um den Gefrierpunkt. Es war das erste Mal, dass kein kondensiertes Wasser an den Zeltwänden gefror. Dies wird meine letzte Nacht auf der Tour und im Zelt sein. Ich freute mich, auf die Annehmlichkeiten des Lebens. Es waren nur noch fünfzehn Kilometer nach Are. Die Motivation hat merklich abgenommen. Sehr erschöpft fühlte ich mich aber nicht.

Strecke und Endrücke 12. Tag




11. Tag (9.3.2020)

Ich bin in der Nacht gegen ein Uhr aufgewacht. Das komplette Zelt war bis auf einen kleinen Teil des Daches zugeschneit. Der Platz im Zeltinnern war kleiner geworden, weil der Schnee die Zeltwände eindrückte. Ich fühlte mich nicht mehr sicher und schlief in der Küche weiter. Am Morgen legte sich der Sturm und der Himmel war blau. Ich musste das Zelt freischaufeln. Das Dach war noch immer schneefrei und die Wände waren nicht zusammen gestürzt. Das Zelt habe ich an einem völlig falschen Ort aufgestellt, wo der Wind den Schnee reinblähst anstelle auf der Anhöhe, wo sogar noch der steinige Untergrund zu sehen war. Als ich das Zelt aufgestellt hatte, war es schönes Wetter. Aus Fehlern lernt man. Es ist meine erste Wintertour.

Ich frühstückte im Restaurant. Dann brach ich auf. Das Ziel war mir noch nicht bekannt als ich aufbrach. Ich hatte keinen konkreten Plan. Ich wollte eine Rundstrecke laufen, wo ich am 13. März in Bruksvallarna zum Langlaufen sein würde. Ich sah einen Berg, wo ich gerne hoch laufen würde. Ich realisierte rasch, dass das Hochlaufen nicht schwierig wäre, aber das Runterkommen umso schwieriger. Diese Ausrüstung ist für die Abfahrt einfach schlecht geeignet und es wäre gefährlich mit einem so schweren Rucksack runter zu fahren. Dann habe ich einen neuen Plan gemacht. Ich habe beschlossen nach Are zu gehen und von da mit den öffentlichen Transportmitteln nach Bruksvallarna. Ich lief querfeld ein und folgte einer Tierspur. Es war ein einzelnes Tier. Die Pfoten mit Krallen war gut auf dem Schnee zu sehen. Trotzdem wusste ich nicht, was für ein Tier es sein könnte. Ich spekulierte auf einen Fuchs. Ausser ein paar Schneehühner habe ich noch kein einziges Tier auf meiner Tour gesehen: kein Elch und auch keine Rentiere.

Es war gegen Abend. In einer bewirteten Hütte habe ich eine Cola gegen den Durst getrunken. Es war keine Coca-Cola, sondern ein Imitat. Amerikanische Cola findet man in Schweden eher selten. Meistens ist es eine andere Marke. Den Grund dafür kenne ich nicht. Die Verlockung in der Hütte zu übernachten war nicht sehr gross. Einerseits kostete die Nacht fünfzig Franken und andererseits wollte ich auch weiterkommen. So lief ich bei Vollmond gegen Norden. In der Nacht scheint das Laufen einfacher zu sein. Der Biwackplatz war zwischen Bäumen an einem windstillen Platz. Zu frieren brauchte ich auch diese Nacht nicht. So wie meistens vor dem Schlafen gehen, habe ich eine heisse Schokolade getrunken. Gekocht habe ich nichts. Ich werde wie die letzten Tage auch die warme Mahlzeit zum Frühstück vorbereiten.


Strecke und Eindrücke 11. Tag





10. Tag (8.3.2020)

Heute war Ruhetag und Zeit, das Reisetagebuch nachzuführen. In der Nacht stürmte es heftig und blies den Neuschnee ans Zelt. Vom Zelt ist nur noch das Dach zu sehen und im Vorzelt hat es Schnee reingeblasen. Ich musste mir am Morgen ersten den Eingang frei schaufeln. Es stürmte den ganzen Tag. Genau das richtige Wetter für die Sauna. Ich sitze hier noch in der warmen Küche und habe gerade eine Dose Chili-con-Carne gegessen, die ich hier im Shop gekauft hatte. Morgen geht es weiter. Ich weiss aber noch nicht wohin. Heute habe ich den Flug von Oslo nach Zürich am 20. März gebucht. Bevor ich ins Zelt zum Schlafen gehen konnte, musste ich erst den Eingang frei schaufeln.


9. Tag (7.3.2020)

Ich verabschiedete mich von den drei Schweden. Sie gingen eine andere Strecke. Ich lief die ganzen achtzehn Kilometer auf der Scooter-Piste. Das Wetter war schön und es waren viele Scooter unterwegs. So eine Scootertour würde mir selber auch gefallen. Gut möglich, dass ich das auch mal machen werde. Der Rucksack drückte. Ich habe in Fünesdalen und Bruksvallarna neue Lebensmittel und eine neue Thermosflasche gekauft. Der Tragriemen reiben auf der Schulter.

In Helags gibt es eine luxuriöse Unterkunft mit Restaurant, Küche und Sauna. Trotzdem habe ich das Zelt aufgestellt und für die Benutzung der Einrichtung und Sauna zwanzig Franken bezahlt. In der Sauna hatte ich Blick auf den Berg Helags (1797m). Auf der Karte sieht er wie ein Vulkan aus. Darin befindet sich der südlichste Gletscher Schwedens. Sofort habe ich mich Schweden unterhalten.

Es kam ein Sturm auf. Ich schlief im Zelt.

Strecke und Eindrücke 9. Tag






8. Tag (6.3.2020)

Ich habe eine Email erhalten, wonach ich am 8. April einen neuen Arbeitsvertrag auf dem Schiff erhalten soll. Daraufhin habe ich im Hotel Bruksvallsliden das günstigste Zimmer auf den nächst möglichen Termin gebucht. Gerne wäre ich gleich eingezogen, aber ich musste bis am 13. März warten. Ich freue mich, ein letztes Mal Skilanglaufen zu gehen. Meine Skiausrüstung ist in Oslo bei Kalle einem Freund einer Freundin eingestellt. Kalle war Mitglied der norwegischen Nationalmannschaft und hatte für eine kurze Zeit die Senioren des Skiclubs Einsiedeln trainiert. Ich kannte ihn vom sehen. Es lohnte sich nicht, meine Ausrüstung in Oslo zu holen. Ich werde die Skiausrüstung deshalb mieten müssen. Ich kann die Ausrüstung im Sportgeschäft für wenig Geld mieten. Das habe ich vorgängig abgeklärt. Dann habe ich meine Eltern angerufen.

Ich bin spät losgelaufen. Auf dem Weg gab es einen steilen Hang, wo ich zum ersten Mal die langen Felle montieren musste. Sonst lief ich immer mit den kurzen Fellen, die nur in der Mitte des Skis montiert werden. Das ist auf den flacheren Passagen viel schneller. Bei Einbruch der Dunkelheit lief ich auf dem Fjäll. Fjäll ist das schwedische Wort für "über der Baumgrenze". Es war flach mit Bergen im Hintergrund mit Schnee verhüllt so wie im Märchen. In der Schutzhütte waren schon drei Schweden am Kochen. Es sind die ersten Skitourenfahrer seit Beginn meiner Tour in Flötningen. Sie werden alle drei im Zelt übernachten, so dass ich eines der zwei Bettplätze in der Hütte haben konnte. Die Schweden kamen aus Östersund und wie die meisten Schweden waren sie nett und offen und vor allem auch interessiert. Es ist einfach, Personen aus Schweden kennenzulernen. Ein sehr angenehmes Volk.

Strecke und Eindrücke 8. Tag